Wahlen USA: Über das Amerikanische Wahlsystem

Wie wählt man in den USA? Was sind "Primaries", "Caucuses" und "Straw Polls"? Ein Amerikadienst Artikel vom 19.12.1979 klärt auf.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Washington – In den Vereinigten Staaten steht – wie in der Bundesrepublik Deutschland 1980 ein bedeutsames Wahljahr bevor. Die Delegierten der Nationalkonvents (der „National Convention“) der Republikanischen und der Demokratischen Partei – jene Männer und Frauen, die die Kandidaten für die nächsten amerikanischen Präsidentschaftswahlen bestimmen – werden ihrerseits in einer komplizierten Mischung aus Vorwahlen („Primaries“), einzelstaatlichen Parteikongressen („State Convention“), Delegiertentagungen („Committee Meetings“) und informellen Absprachen lokaler Parteiführer („Caucuses“) gewählt.
Jeder der 50 Einzelstaaten hat das Recht, über seine eigene Methode zur Bestimmung der Delegierten zum Nationalkongreß zu entscheiden – und die populärste ist die der Präsidentschafts-Vorwahlen („State Presidential Primary“). Im Laufe des Jahres 1980 wird die Mehrzahl der Union – 35 Staaten sowie der District of Columbia und das Commonwealth von Puerto Rice – solche „Primaries“ abhalten. Eine eigene Vorwahl wurde auch für die Demokraten vorgesehen, die im Ausland leben.
Aber sogar innerhalb dieses Systems gibt es keine Übereinstimmung. Es gibt immerhin vier Arten von „Primaries“:

„Delegate Selection“ – Delegiertenwahl;
„Advisory Presidential Preference Primary“: Vorwahl mit Empfehlung;
„Binding, Winner-take-all Primary“: bindende Wahl, der Mehrheitskandidat erhält alle Stimmen; und
„Proportional Representation Primary“: Vorwahl auf der Grundlage der Verhältniswahl.
Bei der „Delegate Selection Primary“, der Delegiertenwahl, wie etwa in New York, erscheinen die Namen der Präsidentschaftskandidaten nicht auf den Stimmzetteln. Nur die Kandidaten, die sich als Delegierte bewerben, sind aufgeführt. Sie können auf dem Stimmzettel zeigen, welchem Präsidentschaftskandidaten sie den Vorzug geben, sie brauchen es aber nicht.
Bei der „Advisory Presidential Preference Primary“, der Vorwahl mit Empfehlung, wie in New Hampshire und Pennsylvania, geben die Wähler ihre Stimme für beide ab: für die Präsidentschaftskandidaten und für die Kandidaten, die sich als Delegierte zum Parteikonvent bewerben – wobei die letzteren wiederum entweder einen bestimmten Präsidenschaftskandidaten vorziehen können oder in dieser Hinsicht ungebunden bleiben.
Bei der „Binding, Winner-take-all Presidential Preference Primary“, der bindenden Präsidentschaftsvorwahl, bei der der Mehrheitskandidat alle Stimmen bekommt – wie etwa bei den Republikanern in Kalifornien und Florida –, legen die Ergebnisse der Abstimmung die Delegierten des Wahlbezirks auf den Gewinner in jedem Kongreßwahlkreis und im Rahmen des Bundesstaates auf den diesbezüglichen Mehrheitskandidaten fest.
Bei der „Proportional Representation Preference Primary“, der Verhältniswahl – wie bei den Demokraten in Kalifornien und den Demokraten und Republikanern in Massachusetts –, werden die Ergebnisse der Präsidentschaftsvorwahl dazu benutzt, Delegierte für die Präsidenschaftskandidaten auf der Grundlage des Anteils an Stimmen zuzuteilen.

Der Zeitraum für den die Delegierten auf dem Nationalkonvent durch die Präsidentschaftsvorwahlen gebunden sind, ist von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich: entweder nur während der ersten beiden Abstimmungen oder aber bis zu dem Zeitpunkt, da ihr Kandidat nicht mehr auf ihre Loyalität besteht und sie aus ihrer Pflicht entläßt.
Traditionell war die Vorwahl in New Hampshire, die am 26. Februar abgehalten wird, die erste im Land. Diesmal geht die „Ehre“ über an die Republikanische Partei des Commonwealth von Puerto Rico, die ihre erste Vorwahl auf den 17. Februar festgelegt hat – einen Monat früher als die Vorwahl der Demokratischen Partei in Puerto Rico. Zu den Staaten, die im Jahr 1980 zum ersten Mal eine Vorwahl abhalten, gehören auch Connecticut, Kansas, Louisiana, New Mexico und South Carolina.
Das politische Geschäft bleibt – durch die Vorwahlen und die Parteikonvente der Bundesstaaten – bis unmittelbar zum Zeitpunkt der beiden nationalen Nominierungskonvente von rühriger Intensität. Die Stadt Detroit in Michigan wird Treffpunkt für die 1993 Delegierten des Republikanischen Konvents vom 14. bis zum 18. Juli 1980 sein, während sich die demokratischen Delegierten vom 11. bis zum 14. August in New York zu ihrem Konvent versammeln.
Der starke Anstieg der einzelstaatlichen Vorwahlen – 1968 waren es erst 14 – mindert deutlich die Möglichkeiten für Kompromißkandidaten oder für Absprachen, die von irgendwelchen Politikern im Hinterzimmer ausgehandelt werden könnten.
Einer der Altmeister im Geschäft der amerikanischen Wahlanalysen, Richard Scammon, sieht diese Entwicklung als notwendig an, da eine Vorwahl „zehnmal repräsentativer ist als eine Absprache (caucus).“
In einem Interview bemerkt Scammon: „Das ist ein vorzüglicher Hindernislauf: Wenn jemand es nicht schafft, durch diese Vorwahlen durchzukommen, ist er wahrscheinlich auch nicht der richtige Mann, um die Arbeit im Weißen Haus in den Griff zu bekommen. Und ich würde das lieber vorher wissen.“
Auf der anderen Seite ist Newton Minow, ein Kenner der politischen Praxis und ehemaliger Chef der amerikanischen Bundeskommission für Kommunikation, der Meinung, daß diejenigen, die sich zu den Vorwahlen stellen, nicht für das amerikanische Volk repräsentativ seien: „Wir entscheiden uns für eine kleine Handvoll Parteiaktivisten, meistens Leute mit engen Sonderinteressen.“
Da den Primaries landesweit viel Platz in den Medien eingeräumt wird, hat ein Kandidat, der in den ersten Wahlen gut abschneidet, eine ausgezeichnete Gelegenheit, seiner Sache einen Auftrieb zu geben, dem nur noch schwer Einhalt geboten werden kann (…)

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 19.12.1979 unter dem Titel "Ein Wahljahr steht bevor – Primaries, Caucuses, Straw Polls: Was bedeutet das alles?". Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.

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