Spektrometer SAXAS entschlüsselt menschliches Haar

"Durch unsere Haaranalysen sind wir bereits einer regelrechten Welle von Vergiftungen auf die Spur gekommen." Wissenschaftler des Lawrence Berkeley Laboratory (LBL) der Universität Kalifornien entwickelten eine neue Methode zum Nachweis der Ausbreitung von chemischen Schadstoffen, die, mit der Nahrung aufgenommen, sich im menschlichen Haar ablagern. Lesen Sie mehr über das vielversprechende Spektrometer "SAXAS" im Amerikadienst Artikel vom 14.11.1979.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Konzentration und Ausbreitung chemischer Schadstoffe, die der Mensch beispielsweise mit der Nahrung aufnimmt, sind Wissenschaftler des Lawrence Berkeley Laboratory (LBL) der Universität Kalifornien durch Haaruntersuchungen auf der Spur. Die Analyse wird mit einem überaus empfindlichen Spektrometer durchgeführt, SAXAS genannt. (SAXAS ist die Abkürzung für „Scanning Automated X-ray Analysis Spectrometer“, ein Instrument zur automatischen Probenuntersuchung auf der Basis der Fluoreszenzerscheinungen, die Röntgenstrahlen an den Atomen bestimmter Elemente verursachen.) Das von dem Ingenieur Albert Thompson gemeinsam mit einigen Kollegen entwickelte Instrument macht es möglich, daß ein einziger technischer Assistent in einer Stunde die Arbeit auszuführen vermag, für die früher ein ganzes Team eine volle Woche benötigte.
Vor allem für die Erfassung von Umweltbelastungen durch Schadstoffe sei das neue Verfahren ein großer Gewinn, berichtet Thompson. „Durch unsere Haaranalysen sind wir bereits einer regelrechten Welle von Vergiftungen auf die Spur gekommen“. In Haarproben aus dem Irak erfaßte SAXAS hohe Konzentrationen von Quecksilber. Die Ursache für den überhöhten Quecksilberspiegel war Saatgetreide, das zum Schutz vor Pilzbefall mit einem giftigen Fungizid behandelt und unzulässigerweise für Nahrungsmittel verwendet worden war. Je mehr aus dem vergifteten Getreide hergestellte Nahrungsmittel verzehrt wurden, desto höher war der Quecksilberspiegel in den Haarproben der betreffenden Personen. Nachdem man der Verwendung des Getreides für Nahrungszwecke jedoch einen Riegel vorgeschoben hatte, sank die Quecksilberkonzentration in den Haarproben allmählich wieder ab.
Das chemische Haaruntersuchungen sehr aufschlußreich sein können, ist seit langem bekannt. Haar wächst ziemlich gleichmäßig, durchschnittlich 1 cm im Verlauf eines Monats. Es baut dabei alle Elemente ein, die in dieser Zeit in den Stoffwechsel des betreffenden Organismus gelangt sind. Ähnlich wie geologische Schichten zeigt es an, wie sich die Konzentration von Substanzen innerhalb einer bestimmten Frist verändert. Allerdings verlangen Haarproben langwierige und mannigfaltige Tests, bis sie ihre Geheimnisse preisgeben können.
Die im LBL angewandte Methode der Röntgenstrahlen-Fluoreszenz-Spektroskopie erklärt Albert Thompson folgendermaßen: „Wenn Röntgenstrahlen die Haarprobe durchdringen, regen sie die Atome vorhandener Elemente an, ihrerseits Röntgenstrahlen von charakteristischer Energie und Intensität zu erzeugen. Wir erfassen diese sekundäre Strahlung mit einem Scanner. Dies ist ein Silizium-Detektor, der ein sehr hohes Auflösungsvermögen für die verschiedenen Energiestufen besitzt. SAXAS kann 16 verschiedene Elemente noch bei Mengen erfassen, die nicht mehr als ein fünftel Milliardstel Gramm betragen – und dies von Proben, die nur zwei Millimeter lang sind.“
Der im SAXAS-Instrument eingebaute Computer erfüllt eine ganze Reihe von Funktionen. Er bestimmt u.a. die Art der vorhandenen Elemente, berechnet die Dichte der Haarprobe und setzt die Meßdaten zueinander in Beziehung.
Die Arbeitsgruppe Thompson möchte jedoch sehr viel mehr als nur Haarproben analysieren. „Mit SAXAS müßte es auch möglich sein, ein weites Spektrum von Proben – von Nervengewebe bis hin zu Schadstoffpartikeln in der Luft – zu untersuchen“, meint der Ingenieur. „Allein aus dem Haar können wir sehr viel mehr als nur Giftstoffe im Körper erkennen – beispielsweise auch die Art und den Grad von Mangelernährung. SAXAS verändert die Analysenproben nicht. Deshalb könnte es auch für Untersuchungen an besonders kostbaren Objekten eingesetzt werden, z.B. beim Grabtuch von Turin“.
Das Instrument war für das US-Bundesamt für Nahrungsmittel und Pharmazeutische Präparate (FDA) gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität von Rochester entwickelt worden.

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 14.11.1979 unter dem Titel "Haaranalysen zeigen Umweltverschmutzung auf – neue Versuche in den USA". Für weitere Artikel dieser Ausgabe, wie: „Sicherheit vor Kernkraftwerken muß verbessert werden“, oder „Ozonschicht stärker gefährdet als zunächst vermutet", klicken Sie bitte hier.

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