Onlife: Ein Amerika Haus im Web

Unser Amerika Haus im Web wird sich weiterentwickeln. Wir sehen es als eine elektronische Struktur, die konstant modifiziert werden kann, während ihre Türen den Deutschen in ganz Deutschland (und der Welt) 24 Stunden lang geöffnet sind." Lesen Sie mehr über die Entstehung der virtuellen Präsenz der Amerikahäuser, die Ende der 90er vermehrt Konsulaten als Kommunikationsinstitutionen wichen und dessen Status quo Sie gerade besuchen.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Nachfolgend veröffentlichen wir einen Artikel des Gesandten-Botschaftsrat bei der Amerikanischen Botschaft in Bonn, Robert Earle.

„The times they are changing“ – Bob Dylan

Anfang der sechziger Jahre, als Bob Dylan seine besten Lieder schrieb, geschah etwas, das noch andauert. Wir alle begannen, unser Leben um das Konzept des Wandels herum aufzubauen. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wollten viele von uns die Dinge wieder so handhaben, wie sie es in Friedenszeiten getan hatten. Das war der Geist der fünfziger Jahre. Aber die sechziger Jahre leiteten radikale Innovation als den kulturellen Stil der westlichen Welt ein. Bürgerrecht, Feminismus, Umweltschutz, die sexuelle Revolution und andere Bewegungen begannen, die jahrhundertealten kulturellen Praktiken zu verändern. Der Impuls zu Wandel war menschlich.
Die Methode des Wandels nahm gelegentlich technologische und sogar chemische Dimensionen an.
Heute, in den neunziger Jahren, hat der kulturelle Tanz der Menschheit und Technologie den hitzigen Rhythmus eines Tangos angenommen. Sogar die seriöse Diplomatie, von der selbst die Diplomaten manchmal in Kategorien wie gestärkten Kragen und endlosen offiziellen Empfängen denken, wurde vom Fieber des Wandels ergriffen. Aber Fieber kann, wie wir alle wissen, Anfälle von Delirium, Halluzinationen und Unsicherheiten bewirken. Werden solche Träume je Realität?
In Deutschland ist eines unserer erfolgreichsten diplomatischen Programme – einige würden es als das erfolgreichste bezeichnen – das Amerika Haus. In den fünfziger Jahren gab es 50 Amerika Häuser. Verschiedenste Faktoren, nicht zuletzt der Haushalt, haben diese Zahl auf sechs verringert, und wir haben jetzt Pläne, aus den Amerika Häusern in München und Hamburg auszuziehen und unsere kulturellen und Informationsprogramme statt dessen von den Konsulaten aus durchzuführen.
Während wir in den vergangenen Jahren über diese Entscheidung berieten, nahmen wir parallel auch Gespräche über die Entwicklung neuer Dimensionen in den deutsch-amerikanischen Beziehungen auf. Eine Frage, die wir uns stellten, war, ob wir eine neue Art von Amerika Haus im World Wide Web aufbauen könnten. Wenn die historische Prämisse der Amerika Häuser lautete, daß die Deutschen ungehindert Amerika entdecken sollten, indem sie unsere Schwelle überschritten, könnte dann dieses Ziel in einer anderen, phantasievollen Weise erreicht werden, die von kulturellem und technologischem Wandel profitierte, statt sich ihm zu widersetzen?
Wir glauben, wir haben es jetzt geschafft – nach drei Jahren Arbeit und sehr hohen Investitionen in Mitarbeiter und Technologie. Noch während wir die Schmerzen ertrugen, unsere uns lieb gewordenen Amerika Häuser schließen zu müssen und uns mit unseren deutschen Freunden sorgten, daß dies als amerikanisches Disengagement oder ein Zusammenbruch des kulturellen Dialogs angesehen werden würde, haben wir ein erfolgreiches, voll funktionierendes Amerika Haus Web aufgebaut, das eine neue Generation Deutscher offenkundig zu schätzen weiß.

Natürlich hat das World Wide Web keine Fenster, durch die die Sonne auf Sie scheint, während Sie eine Ausgabe von Huckleberry Finn in der Hand halten, aber deutsche Buchgeschäfte haben Fenster, und sie haben Huckleberry Finn und außerdem Tausende andere klassischer und zeitgenössischer amerikanischer Titel. Darüber hinaus benutzen Tausende von Deutschen jede Woche unser Amerika Haus im Web für Zwecke, die weit über Literatur hinausgehen. In der Tat kommen jetzt jede Woche mehr Deutsche zu unserem Amerika Haus im Web als je zu einem unserer Amerika Häuser in Deutschland gekommen sind, und sie finden Antworten auf ihre dringendsten Fragen. Die USIS-Germany Homepage (die unter http://www.usia.gov/posts/bonn.html zu finden ist) hat über 10.000 Besucher pro Woche. Sie funktioniert uneingeschränkt, obwohl sie immer noch weiterentwickelt wird, während wir sie verbessern und erweitern. Beispielsweise lesen 1.5000 Menschen wöchentlich politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Texte, die wir auf Deutsch im Amerika Dienst veröffentlichen – einer teuren Publikation, die wir bisher nur gedruckt per Post an ein ausgewähltes Publikum verschicken. Weitere 1.000 Menschen konsultieren unsere Homepage jede Woche für detaillierte Informationen über ein Studium in den Vereinigten Staaten. Und mehrere Hunderte zusätzlich lesen auf der Homepage die U.S. Policy Quotes, in denen die Aussagen hochrangiger Politiker zu Themen von NATO bis zu Bevölkerungspolitik wörtlich wiedergegeben sind. Konsularische und Visainformationen sind ein weiteres populäres Element unseres neuen elektronischen Amerika Hauses. Und 1.000 Deutsche benutzen jede Woche unsere Homepage, um direkt zur USIA-Homepage in Washington zu gelangen, die wiederum mit den meisten Ministerien der US-Regierung verbunden ist, einschließlich des Weißen Hauses.
Man kann unterschiedlich auf all das reagieren, angefangen mit: „Es ist nicht dasselbe!“ Und man kann sich fragen, wer diese deutschen Nutzer sind und was sie davon haben, unser Amerika Haus im Web zu besuchen. Im Augenblick können wir das nicht in Erfahrung bringen, aber diese Deutschen von heute sind für uns im modernen Informationszeitalter ebenso wichtig wie ihre Eltern (und Großeltern!) es in den vergangenen Jahrzehnten waren. Darüber hinaus wissen wir, daß die von uns angebotenen Informationen so spezifisch sind, daß nur Leute, die sich wirklich für den deutsch-amerikanischen Dialog engagieren, sie nutzen. Amerika Dienst-Artikel sind keine leichte Kost, ebensowenig wie U.S. Policy Quotes. Viele Anwender sind offensichtlich Journalisten, Forscher sowie Politiker und Regierungsvertreter. Aber auch Studenten kommen. Jeden Monat sehen wir steigende Zahlen, und wir passen unser Angebot entsprechend an. Eines unserer nächsten Angebote wird eine Zeitschrift über die Reform des Energiemarktes sein, die dem letztes Jahr von uns veröffentlichten erfolgreichen telecommunications newsletter folgt. Solche elektronischen Publikationen sprechen die drängendsten Probleme an, mit denen sich hochentwickelte Nationen wie die Vereinigten Staaten und Deutschland in den neunziger Jahren konfrontiert sehen.

Unser Amerika Haus im Web wird sich weiterentwickeln. Wir sehen es als eine elektronische Struktur, die konstant modifiziert werden kann, während ihre Türen den Deutschen in ganz Deutschland (und der Welt) 24 Stunden lang geöffnet sind. Unserer Ansicht nach wird diese neue Dimension des deutsch-amerikanischen Dialogs sich noch vergrößern, und zwar exponentiell. Das rechtfertigt weitere Investitionen in ein Forschungs-/Technologie-/Informationsteam, das sich an den Prozeß des Wandels anpassen und ihn vielleicht anführen kann. Wenn unsere Aufgabe darin besteht, Amerika so zu repräsentieren wie wir sind, dann ist diese Art von Amerika Haus im Web ein unerläßlicher Bestandteil des Engagements der Vereinigten Staaten für den deutsch-amerikanischen Dialog in den neunziger Jahren.

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 12.03.1997 unter dem Titel "Der Bau eines neuen Amerika Hauses im Web". Für weitere Artikel dieser Ausgabe, wie: „Ist der Liberalismus in Amerika tot?“, oder „Die jüdische Dimension der deutsch-amerikanischen Beziehungen“, klicken Sie bitte hier.

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