Neue Rauschgiftwelle: verschärfte Maßnahmen gegen Drogenhandel

Eine Rauschgiftwelle, die Anfang der 60er beginnt, soll 1973 einen Wendepunkt finden. Präsident Ford erhebt neue, verschärfte Maßnahmen im Kampf gegen Drogenmissbrauch. Der Amerikadienst vom 26.05.1976 berichtet über die neuen Vorkehrungen.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Mehr als 5 000 Menschenleben, Hunderttausende zerstörter Existenzen, Überfälle, Diebstahl, Erpressung und Betrug – das ist derzeit der traurige Jahrestribut für die neue Rauschgiftwelle in den Vereinigten Staaten. Der Verlust für die Volkswirtschaft wird auf 17 Milliarden Dollar im Jahr geschätzt.

Als sich Ende der sechziger Jahre erstmals die Öffentlichkeit des Problems bewußt wurde, handelte die amerikanische Bundesregierung rasch und energisch. Es wurden Sonderorganisationen wie das US-Bundesamt für Drogenüberwachung (Drug Enforcement Administration – DEA) und das National Institut zur Bekämpfung von Drogenmißbrauch (National Institute on Drug Abuse) geschaffen. Über die diplomatischen Kanäle wurde versucht, weltweit den Rauschgifthandel wirksam zu bekämpfen und zu unterbinden. Angesichts der Erfolge hatte es Mitte 1973 den Anschein, als wäre der Wendepunkt erreicht. In heutiger Sicht aber waren nur einzelne Schlachten gewonnen – der Krieg ging weiter. Anfang 1975 zeigte sich erneut ein Anstieg des Drogenkonsums. Bereits gewonnenes Territorium ging wieder verloren.
In der Botschaft zum Problem „Drogenmißbrauch und seine Bekämpfung“, die Präsident Ford Ende April 1976 dem US-Kongreß unterbreitete, kündigt der Präsident neue und aggressive Maßnahmen an, um den gegenwärtigen Trend wachsenden Drogenkonsums in den Vereinigten Staaten zu brechen und ins Gegenteil zu verkehren.
Die im „Weißbuch über Drogenmißbrauch“ vom Jahre 1975 von der Drogenkommission gegeneben Empfehlungen bilden die Grundlage für eine weitere Intensivierung und Ausweitung der von der US-Regierung vorgesehenen Maßnahmen. Vor allem den Rauschgifthändlern und Schmuggelringen soll das verbrecherische Handwerk gelegt werden. Es genüge nicht, wie Präsident Ford erklärte, diese Leute dingfest zu machen, wenn sie anschließend von den Justizbehörden mit Glacéhandschuhen angefaßt würden. Selbst notorische Händler würden nach der Verhaftung gegen Kaution, deren Beschaffung ihnen nicht schwer falle, wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine Erhebung des US-Justizministeriums zeige, daß jeder vierte des Heroinhandels überführte Verbrecher überhaupt keine Haftstrafe erhalte. Und wenn eine Verurteilung erfolge, betrage die Haftstrafe bei jedem dritten weniger als drei Jahre. Selbst zu längerer Haft Verurteilte könnten, wenn sie ein Drittel der Zeit abgesessen hätten, auf Bewährung entlassen werden.
Dieses Vorgehen, so erklärte Präsident Ford, sei gegenüber Kriminellen nicht angebracht, die aus der Not der Menschen ihre Profite ziehen. Es sei auch falsch gegenüber den Opfern des Rauschgifts, und es sei falsch vom Standpunkt des amerikanischen Rechtswesens aus gesehen. Deshalb habe die Regierung dem US-Kongreß Gesetzesvorlagen unterbreitet, denen zufolge Personen, die des Handels mit Heroin und ähnlichen Suchtstoffen überführt sind, zu Haftstrafen verurteilt werden müssen. Für Ersttäter soll die Haftdauer mindestens drei Jahre, für Wiederholungstäter oder solche, die Rauschgift an Jugendliche verkaufen, mindestens sechs Jahre betragen.
Präsident Ford hebt hervor, daß die neuen Vorschläge nicht aus Rachegelüsten geboren seien. Ihnen liege vielmehr das Bestreben und die Pflicht der Regierung zugrunde, die Allgemeinheit vor solchen Schmarotzern zu schützen und abschreckende Maßnahmen zu ergreifen. Diese sehen unter anderem vor, keine Freilassung von Rauschgifthändlern mehr zu gewähren, wenn der Festgenommene bereits einschlägig vorbestraft ist, wenn eine Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, wenn er Ausländer ist, wenn bei ihm bei der Festnahme ein falscher Paß gefunden wurde, wenn er aus Polizeigewahrsam oder dem Gefängnis geflüchtet oder bereits wegen Flucht verurteilt wurde.
Die Bestimmungen über Leibesvisitationen und die Beschlagnahme von Kraftfahrzeugen, Booten und Flugzeugen, die zum Schmuggeln von Suchtstoffen und Geldgewinnen von Rauschgifthändlern benutzt werden, durch den amerikanischen Zoll werden erheblich verschärft. Außerdem werden Meldefristen beim Zoll für private Eigner kleiner Küstenboote drastisch verkürzt und Geldbußen erhöht.

Synthetische Suchtstoffe

Als vordringlich bezeichnet Präsident Ford die Ratifizierung der Internationalen Konvention über psychotrope Substanzen durch den US-Kongreß. Sie wurde bereits 1971 zur Überwachung des internationalen Handels mit synthetischen, suchtgefährdenden Substanzen geschlossen – vor allem zur Überwachung von Barbituraten, Amphetaminen und Tranquillantien. Durch den Mißbrauch von Präparaten auf der Basis dieser Substanzen entstand in den Vereinigten Staaten bereits ein ähnlich schwerwiegendes Problem wie durch Heroin.

Straffung des Regierungsprogramms

Die Tätigkeit der zuständigen Abteilungen in sieben Bundesministerien und 17 anderen Behörden, die in das Regierungsprogramm zur Bekämpfung des Drogenmißbrauchs eingeschaltet sind, soll besser koordiniert werden. Präsident Ford setzte zu diesem Zweck zwei neue Kabinettsausschüsse ein: Der eine befaßt sich mit den Fragen des Rechtsvollzugs im Zusammenhang mit der Rauschgiftbekämpfung, der andere mit vorbeugenden Maßnahmen sowie der Therapie und Rehabilitation bei Opfern des Drogenmißbrauchs.
Der letztgenannte Ausschuß, der unter dem Vorsitz des Bundesministers für das Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen steht, wird sich besonders darauf konzentrieren, mehr Möglichkeiten zur Wiedereingliederung Süchtiger in das Berufs- und Arbeitsleben zu schaffen. Denn Behandlung allein ist erfahrungsgemäß nicht genug. Vielmehr müssen die Lebensbedingungen, die das Drogenopfer zur Flucht ins Rauschgift veranlaßten, grundlegend geändert werden. Andernfalls ist immer wieder mit einem Rückfall zu rechnen. Um den Bemühungen zum Erfolg zu verhelfen, ist nach Ansicht des Präsidenten auch eine bessere Koordinierung der Maßnahmen solcher Stellen, die sich mit Vorbeugung und Rehabilitation befassen, und jenen der Justiz erforderlich (…)

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 26.05.1976 unter dem Titel "Kein Pardon für Rauschgifthändler – neue Botschaft Präsident Fords zum Problem Drogenmißbrauch und seine Bekämpfung". Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.

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