Lateinamerika – USA: Ein Interview mit Präsident Reagan

"Alle Menschen, die die Demokratie schätzen, sollten zutiefst besorgt sein über die Konsolidierung expansionistischer, kommunistischer, prosowjetischer Regierungen in dieser Hemisphäre." Lesen Sie einen Auszug aus dem Interview, geführt von der mexikanischen Zeitung "Excelsior" mit Präsident Reagan 1986 über die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Südamerika. Neben der politischen Situation in Nicaragua beantwortet Reagan Fragen zur Wiederannäherung zwischen Washington und Havanna, dem Contadora-Prozess und dem Ost-West-Verhältnis in Deutschland.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Washington – In einem am 19. August 1986 vom Weißen Haus veröffentlichten Interview mit der mexikanischen Tageszeitung „Excelsior“ unterstrich Präsident Reagan, die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und den Ländern Lateinamerikas seien derzeit auf ganz außergewöhnlich gutem Niveau. Mit besonderem Hinweis auf Mexiko sagte er: „Unsere demokratisch gewählten Regierungen repräsentieren den Willen des Volkes, und diese Tatsache ermöglicht es uns, immer leichter und wirksamer zusammenzuarbeiten.“
Das Interview, das neben bilateralen Fragen auch Themen wie Nicaragua, die Möglichkeit einer Wiederannäherung zwischen Washington und Havanna, den CONTADORA-Prozeß sowie das Ost-West-Verhältnis behandelte, hat in seinen wesentlichen Auszügen den folgenden Wortlaut:

Frage: Sie möchten Managua weiterhin unter Druck setzen, weil dort eine Diktatur herrscht. Was möchten Sie mit diesen 100 Millionen Dollar erreichen?

Antwort: Wir haben uns bisher schon neunmal mit den Führern der sandinistischen Regierung getroffen, um zu versuchen, sie dazu zu bewegen, sich mit den anderen zusammenzusetzen und zu verhandeln, die auch an der Revolution gegen Somoza beteiligt waren und die jetzt für die Freiheit kämpfen. Die Sandinisten haben die Macht ergriffen und das Versprechen gebrochen, das sie der Organisation Amerikanischer Staaten gegeben hatten. Dieses Versprechen bestand darin, daß ihr Ziel – ein revolutionäres Ziel – die Verwirklichung von Demokratie, Redefreiheit, Pressefreiheit und Gewerkschaftsfreiheit sei, kurzum all das, was mit Demokratie in Verbindung gebracht wird. Als die Sandinisten an die Macht kamen, entledigten sie sich stattdessen ihrer früheren Verbündeten und führten ein totalitäres Regime ein.
Bei diesen neun Treffen haben wir immer versucht, sie dazu zu bringen, über die Demokratisierung Nicaraguas zu verhandeln und zu den Prinzipien zurückzukehren, denen sie sich einst verschrieben hatten. Und jedesmal hatten die Freiheitskämpfer mit uns darin übereingestimmt, ihre Waffen niederzulegen und sich an den Verhandlungstisch zu setzen, um eine friedlichere, politische Lösung dieses Problems zu finden.
Neunmal lag die Verantwortung für das Scheitern bei der sandinistischen Regierung – sie weigerte sich. Wir glauben, Druck seitens der Freiheitskämpfer ist nötig. Unserer Meinung nach wäre dem Ziel am besten gedient, wenn sie genug Stärke besitzen, um einen gewissen Zwang auf die Sandinisten auszuüben. Dann könnte eine friedliche, politische Lösung immer noch erreicht werden.
Falls Nicaragua, falls die Sandinisten trotzdem nicht davon überzeugt werden können, dann bestünde die einzige Alternative für die Freiheitskämpfer darin, es auf ihre Weise zu versuchen und die Macht an sich zu ziehen.

Frage: Sie glauben also, daß die 100 Millionen Dollar genügen, um Druck auf sie auszuüben?

Antwort: Nun, das hängt davon ab, wie lange es dauert, bis eine Lösung des Problems gefunden ist. Ich denke jedoch, daß damit zum jetzigen Zeitpunkt mehr erreicht werden kann als manche denken, weil, wie Sie vielleicht wissen, die Bedürfnisse von Kämpfern oder Soldaten, die sich Guerillataktiken zunutze machen, geringer sind als die einer formelleren militärischen Struktur.
Über den Daumen gepeilt ist es jedenfalls so, daß eine Regierung und deren Truppen den Guerillas im Verhältnis von zehn zu eins überlegen sein müssen, um Erfolg zu haben.

Frage: Ist es Ihrer Meinung nach möglich, daß Mexiko zu einer Brücke für die Verbreitung des Kommunismus in die Vereinigten Staaten werden könnte?

Antwort: Nun, lassen Sie mich dies in einem weiteren Sinne beantworten. Die Sandinisten selbst haben kurz nach ihrer Machtübernahme proklamiert, daß ihre Revolution nicht auf ihr eigenes Territorium begrenzt sein würde. In anderen Worten: sie wollten die kommunistische Revolution in ganz Lateinamerika unterstützen. Dies waren ihre Worte, nicht unsere. Und deshalb meine ich, daß wir sie beim Wort nehmen sollten.

Frage: Hinsichtlich Demokratie und Politik: was sollte Inhalt beider sein? Warum charakterisiert Ihre Administration Länder wie Nicaragua so, wie sie dies tut? Stünde es mit dem Wesen der Demokratie wirklich in Einklang, direkt und offiziell in die Angelegenheiten anderer Länder zu intervenieren – wie dies etwa bei der Unterstützung der Contras in Nicaragua der Fall ist? Glauben Sie, daß man ein so kleines Land wirklich als Bedrohung der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten ansehen kann?

Antwort: Die Demokratie ist ein politisches System, in dem das Volk ein entscheidendes Wort bei der Bestimmung seines Schicksals mitspricht. Die Demokratie sollte aus repräsentativen und pluralistischen Prozessen bestehen, die eine Garantie dafür sind, daß das Volk an den Entscheidungen teilhat, die sein Überleben beeinflussen. Das System sollte sicherstellen, daß die unterschiedlichen Meinungsrichtungen freien Zugang zu fairen, regelmäßigen und freien Wahlen haben, die sich auf die volle Einhaltung der Bürgerrechte gründen. Wir sehen natürlich, daß Wahlen allein, auch genug sind. Die Demokratie muß auch gleichen Zugang zu Ausbildung, Jurisdiktion und Arbeitsmarkt bieten. Demokratie bedeutet außerdem, daß keine Tyrannei herrschen darf – gleich, ob Tyrannei einer Minderheit über die Mehrheit oder der Mehrheit über eine Minderheit.
Unter solchen Umständen ist es nicht überraschend, daß jene Nicaraguaner, bei denen die meiste Freude über den Sturz der Diktatur Somozas herrschte, sich jetzt zusammengetan haben, um sich der Konsolidierung einer anderen Diktatur zu widersetzen – einer Diktatur, die von Kräften unterstützt wird, die von außerhalb dieser Hemisphäre kommen.

Frage: Sie haben gesagt, daß der nicaraguanische Kommunismus sich nach Mexiko ausweiten könnte. Könnten Sie mir sagen, was Mexiko tun sollte, um dies zu verhindern und was Mexiko derzeit unterläßt, so daß derlei geschehen könnte?

Antwort: Ich glaube, Ihr Präsident könnte hierauf viel besser antworten als ich. Ich habe großen Respekt vor Präsident de la Madrid und vor der Verpflichtung des mexikanischen Volkes gegenüber der Demokratie und den Werten des Westens, die sich ihrer Natur nach nicht mit dem Kommunismus vereinbaren lassen.
Wir haben erlebt, wie kommunistische Regierungen in Kuba und Nicaragua enge Verbindungen zur Sowjetunion geknüpft haben und als Mittel ihrer Politik zur Subversion demokratischer Regierungen greifen. Kommunisten sind Feinde der Demokratie; sie sind Feinde der Kirche; und sie fühlen sich von demokratischen Regierungen bedroht. Alle Menschen, die die Demokratie schätzen, sollten zutiefst besorgt sein über die Konsolidierung expansionistischer, kommunistischer, prosowjetischer Regierungen in dieser Hemisphäre.

Frage: Könnten Sie mir sagen, ob es in nächster Zukunft Möglichkeiten für eine Wiederannäherung zwischen Washington und Havanna gibt?

Antwort: Kubas Herrscher, die keine Bereitschaft zur Tolerierung Andersdenkender in ihrem eigenen Herrschaftsbereich zeigen, waren niemals so weit von den Trends dieser Hemisphäre entfernt wie gerade jetzt (...)

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 20.08.1986 unter dem Titel "Reagan: Demokratie stärkt Beziehungen zwischen USA und Lateinamerika – Interview mit der mexikanischen Tageszeitung Excelsior". Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.

Lateinamerika – USA: Ein Interview mit Präsident Reagan