John F. Kennedy erfreut sich wachsender Beliebtheit

Am 02. November 1962 fand die Wahl zum Repräsentantenhaus in den Vereinigten Staaten statt. Mit 260 Sitzen behielten die Demokraten die absolute Mehrheit. Der Kolumnist Walter Lippmann schlussfolgert: Die amerikanische Bevölkerung vertraut auf Kennedys Politik. Lesen den vollständigen Artikel rundum die Wahlergebnisse um 1962, ein Jahr vor dem Attentat auf John F. Kennedy.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Washington – Das Ergebnis der amerikanischen Novemberwahlen läßt den Schluß zu, daß die Amerikaner mit der Politik der Regierung Kennedy auf innen- und außenpolitischen Gebiet einverstanden sind.
Zu dieser Auffassung kommen eine Reihe im In- und Ausland bekannter Kolumnisten, aus deren Artikeln und Analysen wir nachstehend zitieren.
Walter Lippmann vertritt die Ansicht, Präsident Kennedy habe eine bemerkenswert große Zahl von Stimmen der Zustimmung erhalten können, während James Reston in der „New York Times“ feststellt, daß sich der Präsident heute in einer weitaus stärkeren Position als zur Zeit seiner Amtsübernahme befinde. Heute, nach seinem Rencontre mit Chruschtschow in der Kubakrise, sei sein Ruf (als Staatsmann), trotz der zur Lösung noch anstehenden Probleme, in der Nation, in Lateinamerika, in den Gremien des Nordatlantikpakts und wahrscheinlich auch in der Sowjetunion größer als zuvor.
Was das Einverständnis mit Kennedys allgemeinen und langfristigen Regierungsprogrammen anlangt, so meinen verschiedene Kolumnisten Amerikas einschließlich Walter Lippmann, die Wahlergebnisse vom 6. November 1962 ließen erkennen, daß die große Mehrheit der Amerikaner weder links noch rechts stehe, sondern der politischen Mitte angehöre. Dies gelte, so führt Lippmann aus, für die Mehrheit in beiden Parteien, der Demokraten sowohl wie der Republikaner.
„Präsident Kennedy“, heißt es bei Walter Lippmann, „ist ein Mann der Mitte. Trotz leichter Verluste der Demokraten bei den Gouverneurswahlen einiger Oststaaten kann der Präsident mit Fug und Recht von sich sagen, daß er die große Mehrheit der politischen Mitte repräsentiert und reflektiert.
Ein Mann der Mitte sein heißt gleichzeitig konservativ, liberal und progressiv sein. Präsident Kennedy ist stets ein Mann der Mitte gewesen. Er hat die demokratische Regierung zur Mitte hingeführt, er hat die Demokratische Partei dorthin gelenkt, wo sich die große Mehrheit angesiedelt hat.“
Ungeachtet des Verlusts einiger demokratischer Mandate im Repräsentantenhaus, stellen die Kolumnisten einmütig fest, könne der Präsident heute mit einem Kongreß arbeiten, der seinem gesetzgeberischen Programm wohlwollender gegenüberstehe als dessen Vorgänger. Arthur Krock meint in seiner Analyse der Wahlergebnisse in der „New York Times“: „Die Wähler bedachten die beiden großen Parteien mit beachtlichen Anteilen in gemischten Tüten: Die Mehrzahl der Wähler und auch die Mehrheit der Demokratischen Partei unterstützten die unmittelbaren Ziele des Präsidenten und verschafften ihm im 88. Kongreß eine geneigte Legislative für einige Programme, die der 87. Kongreß abgelehnt hat, und sie sprachen ihm das Vertrauen der Nation aus im Hinblick auf seine Haltung in der Kubafrage und gegenüber anderen internationalen Fragen.“
Nach Arthur Krock haben die letzten Wahlen noch einem den Trend früherer Wahlen bestätigt, die bereits erkennen ließen, daß die Wähler einen demokratischen Kongreß wollen, gleich, welche Partei die anderen wählbaren Ämter besetzt hält. Das Gesamtergebnis der Wahlen sei „ermutigend“ für den Präsidenten und angesichts der Rückschlüsse, die das Ergebnis zuläßt, auch ermutigend für jene, die die Prinzipien des amerikanischen politischen Systems erhalten wissen wollen, nämlich, daß 1. die Vereinigten Staaten im Grunde noch ein Zweiparteienstaat sind; es 2. nicht von vornherein das Ende der politischen Laufbahn eines Kandidaten bedeutet, wenn er sich im konservativen Bereich selbst als Liberalen und im liberalen Bereich als Konservativen bezeichnet; 3. die Wähler lieber einen guten Mann wiederwählen als ihre Stimme einem neuen Kandidaten geben, auch wenn er die gleiche Qualifikation für das Amt mitbringt; 4. der Kandidat mit den besseren Qualifikationen auch Aussichten auf einen Wahlsieg hat, wenn sein Gegenkandidat von einer starken politischen Maschinerie gestützt wird …
Homer Bigart, der ebenfalls in der „New York Times“ zu den Wahlen Stellung nimmt, schließt sich mit seiner Meinung hinsichtlich der starken Tendenz der amerikanischen Wähler zur Mitte hin den Ausführungen von Walter Lippmann an. Bigart weist darüber hinaus auf die spektakulären Niederlagen der beiden Vertreter der John Birch Society im Kongreß und der beiden anderen Mitglieder dieser rechtsextremistischen Gruppe hin, die sich um einen Sitz im Repräsentantenhaus bemüht haben.
Zum Schluß sei noch einmal Walter Lippmann zitiert, der seine Analyse wie folgt zusammenfaßt: „... Wo immer lebenswichtige nationale oder internationale Interessen der Nation auf dem Spiele stehen, kann der Präsident mit starker Unterstützung rechnen. Seit seiner Amtsübernahme hat seine Person … erheblich an Gewicht gewonnen. Angesichts der neuen internationalen Konstellationen, die sich durch die Kubakrise und den chinesisch-indischen Krieg ergeben haben, ist es gut zu wissen, daß Präsident Kennedy, auf der Suche nach einem ehrenhaften Frieden, mit einer so großen Unterstützung durch die amerikanische Öffentlichkeit rechnen kann.“

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 16.11.1962 unter dem Titel "Amerikaner bejahen Kennedys Politik – Wahlergebnisse im Spiegel der amerikanischen Presse".  Für weitere Artikel dieser Ausgabe, wie: „Elektronischer Kehlkopf jetzt über Weltgesundheitsorganisation lieferbar“, oder „Felix Frankfurter – Ehemaliger Richter am Obersten Bundesgericht der USA“ , klicken Sie bitte hier. 

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