Jimmy Carter im Porträt
Jimmy Carter wurde am 2. November 1976 zum 39. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Der Amerikadienst veröffentlicht einen Beitrag von Hugh O. Muir drei Monate vor der Wahl über den Demokraten Carter, der erst mit 37 Jahren sein erstes politisches Amt bekleidete.
(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)
Washington – Am 13. Dezember 1974 kam Jimmy Carter – in den letzten Wochen seiner vierjährigen Amtszeit als Gouverneur des Staates Georgia – nach Washington, um eine Pressekonferenz abzuhalten. Vor einer kleinen Gruppe von Freunden und Reportern gab er seinen Entschluß bekannt, für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu kandidieren. Ein im politischen Leben – außer im tiefen Süden der USA – praktisch Unbekannter sprach jene heute weltweit bekannten Worte: „Mein Name ist Jimmy Carter, und ich bewerbe mich um das Amt des Präsidenten … Ich bin Farmer, Ingenieur, Geschäftsmann, Planer, Wissenschaftler, Gouverneur und Christ.“
Carter selbst erklärter einmal in einem Interview, daß er niemals einem amerikanischen Präsidenten persönlich begegnet sei, ehe er Gouverneur von Georgia wurde. „Die einzige Ausnahme war Harry Truman,“ so sagte er, „den ich 1952 bei der Kiellegung der USS-Nautilus, des ersten amerikanischen Atomunterseebootes, in New London sah. Ich war Leutnant, der für Admiral Rickover arbeitete.“
„Für mich war die Präsidentschaft stets ein ganz erhabenes und sehr ehrungswürdiges Amt. Das ist es immer noch! Aber nachdem ich Gouverneur geworden war, traf ich mit Leuten zusammen, die entweder Präsident waren oder es zu werden hofften – Richard Nixon, Agnew, McGovern, Wallace Reagan, Rockefeller, Muskie – und ich fühlte mich keinem von ihnen unterlegen. Ich bin überzeugt, daß ich genau so geeignet bin zum Präsidenten wie einer von ihnen.“
Jimmy Carter hat sich zum ersten Mal im Jahre 1962, als 37jähriger, um ein politisches Amt beworben, nachdem er als Sohn eines Erdnußfarmers in der Nähe von Plains im Staate Georgia aufgewachsen war, als Offizier in der amerikanischen Marine gedient hatte und anschließend den im Familienbesitz befindlichen Farmbetrieb geleitet hatte. Er kandidierte für den Senat des Staates Georgia und konzentrierte seinen Wahlkampf vor allem auf den ländlichen Bezirk im Südosten Georgias, in dem seine Familie seit 200 Jahren ansässig war. Sein Gegenkandidat, ein Vertreter des politischen Establishments gewann die Wahl mit buchstäblich einer „Handvoll“ Stimmen. Carter schöpfte Verdacht, weil in einem Bezirk, dessen Stimmenmehrheit gegen ihn entschied, in der Wahlurne 422 abgegebene Stimmen gezählt wurden, obwohl nur 333 Stimmzettel ausgegeben waren. Carter beauftragte damals einen bewährten Anwalt aus Atlanta, Charles Kirbo, mit der Untersuchung des Falles. Er gewann, und eine Neuwahl wurde angesetzt, bei der er mit 1500 Stimmen Mehrheit siegte. Kirbo ist seither der engste politische Berater Jimmy Carters.
Nach zweijähriger Amtszeit im Senat von Georgia wurde der Posten des Staatsgouverneurs auf Grund einer Erkrankung des damaligen Gouverneurs vakant und Carter bewarb sich um die Nominierung für diesen Posten bei seiner Partei. Trotz intensiver Kampagne, die er und seine ganze Familie führten, verlor er als ein selbst in Georgia praktisch Unbekannter gegen Lester Maddox, der zum Gouverneur gewählt wurde.
„Diese ganze Erfahrung“, so schrieb Carter später, „war für mich eine tiefe Enttäuschung. Ich hatte Riesenschulden und 20 Pfund an Gewicht verloren. Ich wartete etwa einen Monat und begann dann erneut, mich um den Gouverneursposten zu bemühen … Diesmal wollte ich nicht wieder verlieren.“
Er nutzte alle vier Jahre bis zur nächsten Wahl, um seinen Heimatstaat nach allen Richtungen zu bereisen und sich eine politische Basis zu schaffen. Dabei vernachlässigte er keineswegs das eigene Familienunternehmen. In dieser Zeit entwickelte er auch starke religiöse Impulse. Er hatte schon seit seinem 18. Lebensjahr an seiner Heimatkirche, einer Gemeinde der Southern Baptists (Südliche Baptisten), wann immer er Zeit hatte, an der Sonntagsschule gelehrt.
Carter, dem vorgeworfen wurde, er habe seine Freunde unter den Anhängern der Rassentrennung, versuchte 1964 die Rassentrennung in seiner Kirchengemeinde aufzuheben, die einzigen sechs Stimmen für die Aufhebung kamen jedoch von seiner Familie. Die Southern Baptists Church praktiziert übrigens heute noch die Rassentrennung. Carter nahm auch zweimal, 1968 und 1969, an Evangelisierungskampagnen seiner Kirche in Pennsylvania und Massachusetts teil: „Mein kirchliches Leben gewann immer stärkere Bedeutung für mich“, so sagte er heute. Er führte lange Gespräche mit seiner Schwester Ruth, die sich als Evangelistin ganz in den Dienst der Kirche gestellt hatte. Als sie ihn einmal fragte, ob er für seinen Glauben alles aufgeben würde, bejahte er zunächst, räumte dann aber nach langem Nachdenken ein, daß er die Politik nicht aufgeben würde.
Welche Intensität seine politische Betätigung erreichte, wird aus der Tatsache deutlich, daß er in den vier Jahren bis zur Gouverneurswahl 1970 rund 1800 Reden hielt und mit seiner Frau Rosalynn – mit der er sich den Staat für die Wahlkampagne aufgeteilt hatte, so daß sie meist getrennt auftraten – rund 600 000 Menschen die Hand schüttelten. Sein Gegner war ein populärer früherer Gouverneur, Carl Sanders, der als liberal galt. Kritiker warfen Carter vor, seine Anhängerschaft unter Konservativen und Anhängern der Rassentrennung zu finden. Er hält dem entgegen, daß er sich stark um die schwarzen Wähler bemüht und zwar bei den Vorwahlen nicht sehr gut abgeschnitten, aber bei den Wahlen im Herbst (1970) die Mehrheit der Schwarzen für sich gewonnen habe.
Und dieses mal gewann er, und mit seiner Amtsantrittsrede ließ er nicht nur die Einwohner des Staates Georgia aufhorchen, sondern verschaffte sich zum ersten Mal in ganz Amerika Gehör, als er erklärte: „Ich glaube, ich kenne unsere Bevölkerung so gut wie jeder anderer. Auf Grund dieser meiner Kenntnis … sage ich Ihnen ganz offen, daß die Zeit der rassischen Diskrimierung vorbei ist … kein armer, ländlicher, schwacher oder schwarzer Mensch sollte jemals die zusätzliche Last tragen müssen, der Bildungschancen, eines Arbeitsplatzes oder der Gerechtigkeit schlechthin beraubt zu sein.“
Die Presse machte Gouverneur Carter nach dieser Rede zu einem Vertreter des „Neuen Südens“, und er kam auf das Titelblatt eines großen Nachrichtenmagazins. Er selbst bemerkte dazu: „Ich weiß nicht, warum die Leute darüber ein solches Aufheben machen. All das habe ich schon den ganzen Sommer gesagt.“
Während der vier Jahre seiner Amtszeit (…)
Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 04.08.1976 unter dem Titel "Jimmy Carter: Vom Erdnußfarmer zum Präsidentschaftskandidaten". Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.