Independence Day: Tag der Freiheit
Am 04. Juli feiern die Vereinigten Staaten Unabhängigkeitstag. In diesem Amerika Dienst Artikel gibt es einen geschichtlichen Einblick, wie es zu diesem nationalen Feiertag kam und welche Personen wichtige Akteure dabei waren.
Am 4. Juli feiern die Amerikaner den Tag, an dem die 13 englischen Kolonien in Übersee als Vereinigte Staaten von Amerika ihre Unabhängigkeit vom Mutterland proklamierten. Es ist für sie der Tag der Freiheit, die sie als Grundlage ihrer demokratischen Regierungsform erachten.
An jenem Julitag des Jahres 1776 billigte ein kleiner Kreis von Kolonialbeamten ein Dokument, das zum größten Teil von ihrem Kollegen Thomas Jefferson, der später der dritte Präsident der Vereinigten Staaten wurde, verfaßt worden war.
Mit der Annahme dieses Dokuments erklärten sie, „die Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika“, daß „alle Menschen gleich geschaffen sind; daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören“.
Im Unabhängigkeitskrieg erkämpften sich die 13 Kolonien die Freiheit von der englischen Herrschaft. Die Vereinigten Staaten erhielten eine Verfassung. In der sogenannten „Bill of Rights“ wurden 1791 zehn Zusatzartikel geschaffen, die den Staatsbürgern das Recht auf Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie auf freie Religionsausübung sicherten.
Der Wunsch nach Freiheit, dem diese Dokumente entsprangen, war es auch, der die ersten Siedler nach Neu-England geführt hatte. Sie suchten im neuen Lande den Beschränkungen zu entfliehen, die ihrer Religionsausübung auferlegt worden waren.
Fast 150 Jahre vor Annahme der Verfassung war Roger Williams leidenschaftlich für die Trennung von Kirche und Staat eingetreten. Als Sohn wohlhabender Eltern in London geboren, besuchte er die Universität Cambridge und schien einer gesicherten Zukunft entgegenzusehen. Aber er hatte einen wachen Geist und die tiefe Überzeugung, daß jeder Mensch das Recht habe zu glauben und seine Religion auszuüben, wie sein Gewissen es ihm vorschreibt. Nach seiner Ankunft in Massachusetts im Jahre 1631 zwangen ihn seine Überzeugungen, sich mit den staatlichen und religiösen Obrigkeiten der Kolonie auseinanderzusetzen. Er wurde verbannt. Unter großen Schwierigkeiten gründete er eine Kolonie in der Wildnis, die er von den Indianern gekauft hatte. In „Providence“, wie er sie nannte, setzte er seine Ideen, die zu einem Grundstein der amerikanischen Demokratie wurden, in die Tat um.
Fast hundert Jahre später, als William Cosby britischer Gouverneur von New York und der bestgehaßte Mann der Kronkolonie war, trat ein mutiger Mann auf, der die Freiheit der Presse erkämpfte. Es gab damals in New York nur eine einzige Zeitung. Sie duldete in ihren Spalten keine Kritik an Staatsbeamten. Da beschlossen die Oppositionsführer, ihre eigene Zeitung zu gründen, und überredeten John Peter Zenger, einen deutschen Drucker und Freiheitsfanatiker, sie herauszugeben. Das „New York Weekly Journal“ wurde zum Sprachrohr der Bürger der Neuen Welt gegen die Tyrannei des Gouverneurs. Es dauerte nicht lange und Zenger wurde verhaftet. Die Zeitung erschien weiter. Als es 1735 endlich zum Prozeß kam, war der Gerichtssaal überfüllt mit Menschen, die spürten, daß hier eine entscheidende Schlacht im Kampf gegen die Unterdrückung geführt wurde.
Andrew Hamilton, ein eingewanderter schottischer Jurist, der sich in Philadelphia niedergelassen hatte und zum bedeutendsten Anwalt der Kolonie geworden war, übernahm die Verteidigung Zengers. Die Anklage lautete auf Verleumdung des königlichen Gouverneurs. Hamilton bestand darauf, daß die Anklage die Unrichtigkeit der Behauptung Zengers beweisen müsse. Die Anklage hielt dem entgegen, Verleumdung bliebe auch dann noch Verleumdung, wenn sie auf Wahrheit beruhte. Die Wahrheit würde das Verbrechen der Verleumdung nur noch erschweren. Hamilton jedoch gelang es, das Gericht zu überzeugen, daß eine derartige Einstellung unausweichlich zur Willkürherrschaft führe. Zenger wurde freigesprochen. Ein Präzedenzfall war geschaffen, die erste Schlacht um die Pressefreiheit in Amerika geschlagen. Die Pressefreiheit wurde ein fester Bestandteil des amerikanischen Freiheitsbegriffes.
Etwa 40 Jahre später kämpfte Patrick Henry, ein glänzender Sprecher und Verteidiger der Menschenrechte, für die Aufnahme der Bill of Rights in die amerikanische Verfassung. In der Kolonie Virginia geboren, wurde er 1765 in das Abgeordnetenhaus von Virginia gewählt, wo er sieben Resolutionen zum englischen Stempelgesetz einbrachte und damit neue Freunde für den Kampf um die Unabhängigkeit von der englischen Herrschaft gewann. Er wurde Gouverneur der Kolonie, die sich gegen England erhob, und trat entschieden für die Schaffung des Status der Religionsfreiheit ein, die 1785 Vorbild für das Gesetz wurde, das dem ganzen amerikanischen Volke die religiöse Freiheit verbürgt.
Seine berühmteste Rede war eine glühende Ansprache, in der er 1775 in Richmond für die Aufstellung bewaffneter Streitkräfte gegen einen möglichen englischen Angriff eintrat. Einen Monat später eröffneten die Engländer das Feuer auf eine Schar amerikanischer Milizsoldaten bei Lexington auf der Straße nach Concord in Massachusetts. Nach einer Zusammenfassung seiner Argumente, die nicht ohne Widerspruch blieben, fragte Patrick Henry: „Ist das Leben so kostbar oder der Frieden so süß, daß er um den Preis von Ketten und Sklaverei erkauft werden soll?“ Dann gab er seine eigene leidenschaftliche Antwort: „Ich weiß nicht, welchen Weg andere wählen; aber was mich anbelangt: gebt mir Freiheit oder gebt mir den Tod!“
Diese Worte wurden zu einem Schlachtruf – Worte, für die man sterben konnte –, und die Männer starben für die auf vielen Schlachtfeldern, um die Freiheit zu gewinnen. Ihr Opfer ist es, das es den Amerikanern ermöglicht, in jedem Jahre wieder einen 4. Juli zu feiern, als freie Menschen mit dem Recht, sich in jener Weise selbst zu regieren, die von den Vätern der Verfassung, den Gründern der Nation, ins Auge gefaßt wurde.
Dieser Artikel erschien im Amerikadienst vom 22.06.1962 unter dem Titel "Stationen auf dem Wege zur Demokratie". Für weitere Artikel dieser Ausgabe, wie: „Renaissance der Erwachsenenbildung“, oder „Gunnar Myrdal: erstaunlicher Fortschritt bei Amerikas Rassenproblemen“, klicken Sie bitte hier.