Forschung 1950: Meteoriten in Zusammenhang astrophysikalischer Fragen

1958 war die Meteorforschung mit gerade Mal 40 Jahren noch eine junge Wissenschaft. Astrophysiker, Geochemiker und Geologen interessierten sich gleichermaßen für die interplanetarische Materie. Lesen Sie mehr über den Forschungsstand der 50er-Jahre.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Wie alt sind Meteore?

Diese Frage interessiert den Astrophysiker, den Geologen und Geochemiker gleichermaßen. Läßt doch die Antwort darauf auch wichtige Schlußfolgerungen auf das Alter des Sternensystems, dem sie entstammen, und Vergleiche mit dem nach verschiedenen Verfahren jetzt annähernd einheitlich bestimmten Alter unserer Mutter Erde selbst zu.

Nach einer Untersuchung des amerikanischen Astrophysikers Fred H. Whipple gehören zumindest 99 Prozent aller in den Sog der Erde gelangenden und von dieser „eingefangen“ Meteoriten zur Familie des Sonnensystems, also „unserer“ eigenen Sternenwelt. Und wenn anzunehmen ist, daß das Alter der Meteoriten etwa dem Alter der Erde selbst entspricht, so gewinnen die für Meteore beziehungsweise Meteoriten ermittelten Werte ganz besonderes Gewicht.

Meteorforschung – eine junge Wissenschaft

Die Erforschung der Meteore im Zusammenhang mit geologischen und astrophysikalischen Fragen hat erst eine Geschichte von knapp vierzig Jahren, die sich aber gerade jetzt in einem Stadium besonders lebhafter Entwicklung befindet. Die Körper, die bei ihrem Eindringen in die Erdatmosphäre die bekannte Leuchterscheinung von kleinen und größeren Sternschnuppen oder auch sogenannten Feuerkugeln hervorrufen, sind der interplanetaren und interstellaren Materie aus dem Raum zwischen den Planeten und Fixsternen unseres Milchstraßensystems zuzuordnen. Was ihre Größe anbetrifft, so liegt sie zwischen der kosmischer Staubteilchen (keinen festen Körpern zwischen etwa einem Hunderttausendstel und einem Zehntel Millimeter Durchmesser) und der kleiner Kometenkerne oder kleinster Planetoiden, für die zirka 100 Meter Durchmesser angenommen werden. Sie alle wandern, wie die Erde selbst, in festen Bahnen um die Sonne. Daß dieser Schluß berechtigt ist, ergibt sich schon daraus, daß die Erde alle Jahre an bestimmten Tagen, beispielsweise am 10. August oder am 10. und 14. November, wo besonders dichte Sternschnuppenfälle zu beobachten sind, an der gleichen Stelle ihrer Bahn „steht“. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß auch die Meteore in eigenen geschlossenen Bahnen, die sich an diesen Tagen mit der Bahn der Erde schneiden, um die Sonne kreisen.

Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein wurde in gelehrten Schriften – beispielsweise auch von der Pariser Akademie der Wissenschaften – bestritten, daß Stein- und Metallmassen aus dem „Himmelsraum“ zur Erde niederfallen könnten. Man hielt die Meteore für Körper irdischen Ursprungs und wollte allenfalls zugeben, daß heftige Wirbelstürme Felsstücke losreißen könnten, die dann irgendwo wieder zur Erde stürzten. Der deutsche Physiker Chladni war der erste, der dafür eintrat und in einer 1819 erschienenen Schrift wissenschaftlich nachwies, daß diese Gebilde dem Himmelsraum entspringen.

Inzwischen hat man natürlich die Beschaffenheit niedergefallener meteorischer Massen eingehend studiert und dabei ermittelt, daß die Steinmeteoriten hauptsächlich solche Mineralien enthalten, die auch in den irdischen Urgesteinen festgestellt worden sind, während die Eisenmeteoriten gewöhnlich zu 90 Prozent aus reinem Eisen und zu acht Prozent aus Nickel bestehen und Kupfer, Silizium, Kohlenstoff und Phosphor zusammen die restlichen zwei Prozent ausmachen. Untersucht man die bei Erhitzung von Meteorsteinen entweichenden Gase, so ergibt die spektroskopische Untersuchung meist die gleichen Linien, die auch in Kometengasen auftreten. Es dürfte sich demnach um mineralische und metallische Bestandteile der Kerne ehemaliger Kometen handeln. Ob die sporadischen oder planetarischen Meteore sich ebenfalls daraus gebildet haben oder eine davon unabhängige Gruppe sind, ist noch nicht geklärt. Es besteht auch die Möglichkeit, daß sie während der Entwicklung des Planetensystems entstanden sind oder aus den durch Zusammenstöße allmählich zerfallenden Planetoiden sich heute noch bilden.

Atomforschung im Dienste der Astronomie

Die Theorie der Entstehung von Meteoriten als Folge von Kollisionen kleiner Planeten und Asteroide, die – nach „kosmischer“ Zeitrechnung – noch gar nicht so weit zurückliegen, wurde jetzt durch die exakten chemischen Untersuchungen und Radioaktivitätsmessungen von drei Physikern am Enrico-Fermi-Institut für Kernphysik der Universität Chicago weiter erhärtet. Dr. David C. Hess vom Argonne National Laboratory, Dr. Johannes Geiss aus Bern und Dr. Friedrich Begemann aus Mainz, die in Chicago zusammen arbeiteten, errechneten nämlich auf Grund ihrer Analysen von Gesteinsstücken aus dem im Jahr 1948 im amerikanischen Staat Kansas niedergegangenen Meteorschauer ein Meteoritenalter – daß heißt die Zeit der „Reise“ dieser Bruchstücke durch den Raum, von 240 bis 280 Millionen Jahren. Sie kamen ferner zu dem Schluß, daß diese Meteoriten, bis sie in den Raum geschleudert wurden, ursprünglich von einem Planeten stammen mußten, der zum Zeitpunkt der Katastrophe etwa 4,2 Milliarden Jahre alt war.

Die Forscher stützen sich in ihren Folgerungen auf die genaue Bestimmung des Mengenanteils bestimmter Elemente in den Meteoriten und auf den radioaktiven Zerfall eines Elements in ein anderes. Die Fortschritte der Atomphysik, insbesondere die Erforschung von Isotopen und von radioaktiven Vorgängen, wiesen den Weg zu zuverlässigen Altersbestimmungen, die sowohl für Zeiträume bis zu einigen Zehntausend Jahren – mittels der Radiokohlenstoff- oder der Radiostrontium-Methode – als auch bis zu Jahrmillionen, ja sogar Jahrmilliarden, gültige Messungen zulassen. Amerikanische Laboratorien haben sich in der Entwicklung solcher Verfahren besonders hervorgetan und sind gegenwärtig bemüht, ihre Methoden immer weiter zu verfeinern und noch vorhandene Fehlerquellen auszuschalten.

Als außerordentlich vielversprechend hat sich zur Messung sehr langer Zeiträume die Kalium-Argon-Methode erwiesen, nach der auch Hess, Geiss und Begemann gearbeitet haben. Sie beruht auf dem Zerfall des Isotops Kalium-40, das zu etwas mehr als einem Hundertstel im gewöhnlichen Kalium enthalten ist, in Argon-40. An Hand der ermittelten Menge Argon-40 im Verhältnis zum Kalium-40 lassen sich Rückschlüsse auf das Alter des Materials ziehen, da man genau weiß, in welcher Zeit die Hälfte einer bestimmten Menge Kalum-40 in Argon-40 zerfällt. Derartige Berechnungen mit den sogenannten Halbwertszeiten lassen sich für die verschiedensten Altersbestimmungen anwenden. Gewisse chemische Elemente können auf ganz natürliche Weise mengenmäßig allmählich „abnehmen“, indem sie Energiepartikel abgegeben (abstrahlen) und (...)

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst "Allgemeines" vom 05.03.1958 unter dem Titel "Steine fallen vom Himmel – Zeugen längst versunkener Welten". Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier. 

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