Der Kampf um ein stabiles Zentraleuropa

In einer landesweiten Fernsehansprache ruft Präsident Clinton zur Beteiligung der Vereinigten Staaten zum Friedenserhalt in Bosnien auf. Ein stabilisiertes Zentral-Europa sei im Interesse amerikanischer Politik. Betont wird, dass die Rolle der amerikanischen Truppen keine Kriegsführung sei, sondern ein Beitrag für die Entwicklung eines Friedensabkommens in der Region.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Washington – In einer landesweit übertragenen Fernsehansprache appellierte Präsident Clinton am 27. November 1995 an das amerikanische Volk, den Friedensplan für Bosnien mit der Entsendung amerikanischer Truppen als Teil der NATO-Truppe zur Umsetzung des Friedens zu unterstützen. Der Präsident unterstrich, daß die Sicherung des Friedens in Bosnien „auch zum Aufbau eines freien und stabilen Europa“ beitragen wird. Frieden in Bosnien würde darüber hinaus zu „Stabilität in Zentraleuropa“ führen, einer Region, deren Freiheit und Stabilität „von elementarer Bedeutung“ für die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten sei. Nachfolgend veröffentlichen wir die Fernsehansprache des Präsidenten im Wortlaut.

In der vergangenen Woche erzielten die kriegführenden Parteien in Bosnien ein Friedensabkommen als Resultat unserer Bestrebungen in Dayton und der Unterstützung unserer europäischen und russischen Partner. Heute Abend möchte ich zu Ihnen über die Umsetzung des bosnischen Friedensabkommens sprechen und begründen, warum unsere Werte und Interessen als Amerikaner unsere Beteiligung erforderlich machen.
Als erstes möchte ich klarstellen, daß die amerikanische Rolle nicht darin besteht, einen Krieg zu führen. Unsere Rolle ist es, den Menschen in Bosnien bei der Sicherung ihres eigenen Friedensabkommens behilflich zu sein. Unsere Mission wird begrenzt und zielgerichtet sein und unter dem Oberbefehl eines amerikanischen Generals stehen.
Mit der Ausführung dieser Mission haben wir die Chance, die Ermordung unschuldiger Zivilisten, insbesondere von Kindern, zu beenden und gleichzeitig Stabilität in Zentraleuropa herbeizuführen, einer Region, deren Freiheit und Stabilität von elementarer Bedeutung für die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten ist. Wir tun das Richtige.
Seit der Gründung unserer Nation war Amerika stets sehr viel mehr als nur irgendein Ort. Amerika verkörpert eine Idee, die zum Ideal für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt geworden ist. Unsere Gründerväter haben es am besten formuliert: Amerika steht für Leben, Freiheit und das Streben nach Glück.
Insbesondere in diesem Jahrzehnt hat Amerika mehr getan als nur für diese Ideale einzutreten. Wir haben im Geiste dieser Ideale gehandelt und Opfer für sie gebracht. Unser Volk hat in zwei Weltkriegen gekämpft, damit Freiheit den Sieg über die Tyrannei davontragen konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg zogen wir uns aus der Welt zurück und hinterließen ein Vakuum, das von den Kräften des Hasses gefüllt wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir weiterhin eine Führungsrolle in der Welt übernommen. Wir gingen die Verpflichtungen ein, die den Frieden bewahrten, zur Verbreitung von Demokratie beitrugen, beispiellosen Frieden und Wohlstand schufen und die zum Sieg im Kalten Krieg führten.
Wegen unseres Engagements streben heute immer mehr Menschen auf der ganzen Welt nach den amerikanischen Idealen – Freiheit, Demokratie und Frieden. Es ist noch mehr die Macht unserer Ideale als unsere Größe, unser Wohlstand und unsere Militärmacht, die Amerika zu einer einzigartig bewährten Nation machen.
Mit dem Ende des Kalten Krieges stellen einige nun die Notwendigkeit unserer andauernden aktiven Führungsrolle in der Welt in Frage. Ebenso wie nach dem Ersten Weltkrieg glauben sie, daß Amerika sich jetzt seinen Pflichten als Führungsmacht entledigen kann. Sie argumentieren, um sicher zu sein, müßten wir nur unsere Grenzen sichern und daß es jetzt an der Zeit sei, anderen die harte Arbeit der Führung jenseits unserer Grenzen zu überlassen. Dem widerspreche ich entschieden.
Während der Kalte Krieg dem Weltdorf weicht, ist unsere Führungsrolle notwendiger denn je, weil Probleme, die jenseits unserer Grenzen beginnen, schnell zu Problemen innerhalb unserer Grenzen werden können. Wir alle sind verwundbar durch die organisierten Kräfte der Intoleranz und Zerstörung, Terrorismus, ethnische, religiöse und regionale Rivalitäten, die Verbreitung des organisierten Verbrechens, von Massenvernichtungswaffen und Drogenhandel. Ebenso wie Faschismus und Kommunismus bedrohen auch diese Kräfte Freiheit und Demokratie, Frieden und Wohlstand. Und auch sie erfordern eine amerikanische Führungsrolle.
Aber nirgends ist das Argument für unsere Führungsrolle besser gerechtfertigt als im Kampf zur Beendigung oder Verhinderung von Krieg und zivilen Unruhen. Vom Irak bis Haiti, von Südafrika bis Korea, vom Nahen Osten bis nach Nordirland sind wir für Frieden und Freiheit eingetreten, weil es in unserem Interesse lag, dies zu tun und weil es das Richtige war.
Das heißt jedoch nicht, daß wir jedes Problem lösen können. Meine Aufgabe als Präsident ist es, die Anforderungen an die amerikanische Führungsrolle mit unseren strategischen Interessen und unserer Fähigkeit in Einklang zu bringen, etwas zu bewirken. Amerika kann und darf nicht der Weltpolizist sein. Wir können nicht alle Kriege für alle Zeiten beenden, aber wir können einige Kriege beenden. Wir können nicht alle Frauen und alle Kinder retten, aber wir können viele retten. Wir können nicht alles tun, aber wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun.
Es gibt Zeiten und Orte, wo unsere Führungsrolle den Unterschied zwischen Frieden und Krieg ausmachen kann, wo wir unsere grundlegenden Werte als Volk verteidigen und unseren fundamentalen strategischen Interessen dienen können. Meine amerikanischen Mitbürger – in diesem neuen Zeitalter gibt es immer noch Zeiten, in denen einzig und allein Amerika Frieden herbeiführen kann und sollte.
Der schreckliche Krieg in Bosnien ist ein solcher Fall. Nirgendwo auf der Welt von heute ist die Notwendigkeit einer amerikanischen Führungsrolle offensichtlicher oder vordringlicher als in Bosnien. Seit nahezu vier Jahren spaltet ein schrecklicher Krieg das Land. Schrecken, von denen wir beteten, sie mögen für immer aus Europa verbannt sein, brannten sich wieder in unser Gedächtnis: Abgemagerte Gefangene, eingepfercht hinter Stacheldrahtzäunen, als Instrument des Krieges systematisch vergewaltigte Frauen und Kinder, wehrlose Männer und Jungen, die vor Massengräbern exekutiert wurden, beschworen Visionen der Konzentrationslager des Zweiten Weltkriegs und endloser Flüchtlingsströme herauf, die in eine Zukunft der Verzweiflung marschierten.
Bei meiner Amtsübernahme drängten einige auf eine unverzügliche Intervention in den Konflikt. Ich entschied, daß amerikanische Bodentruppen nicht in dem Krieg in Bosnien kämpfen sollten, weil die Vereinigten Staaten nicht den kriegführenden ethnischen Gruppen in Bosnien den Frieden aufzwingen sollten: Den Serben, Kroaten und Muslims. Statt dessen arbeiteten die Vereinigten Staaten mit ihren europäischen Verbündeten beim Streben nach Frieden zusammen, verhinderten eine Ausweitung des Krieges und milderten das Leiden des bosnischen Volkes.
Wir verhängten strenge Wirtschaftssanktionen gegen Serbien. Wir setzten unsere Luftwaffe für die längste humanitäre Luftbrücke der Geschichte und zur Durchsetzung der Flugverbotszone ein, die den Krieg aus der Luft beendete. Wir trugen zur Schaffung des Friedens zwischen zwei der drei kriegführenden Parteien bei – den Muslims und den Kroaten.
Aber als aus den Monaten des Krieges Jahre wurden, wurde deutlich (...)

Dieser Artikel erschien in einer Sonderdienst Ausgabe des Amerikadienst vom 28.11.1995 unter dem Titel "USA sollten Frieden in Bosnien unterstützen – Rede von Präsident Clinton". Für den vollständigen Artikel klicken Sie bitte hier.

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