Der Hafen von San Francisco

Hört man San Francisco, denkt man an bunte viktorianische Häuser, die Golden Gate Bridge und das ganze Jahr Nebel. Die hügelige Stadt besitzt aber einen der größten, natürlichen Häfen der Welt und wird dadurch zum Thema der dritten Episode der Artikelserie "Amerikanische Häfen gestern und heute" . Lesen Sie mehr.

(Anmerkung: Orthographie und Interpunktion sind dem Originaltext nachempfunden. Der Wortlaut des vorliegenden Textes wurde originalgetreu dem Artikel des Amerikadienstes entnommen.)

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Dritte Folge einer Serie von mehreren Artikeln

San Francisco – Von der weiträumigen San Francisco Bay schützend umgeben und nur durch eine verhältnismäßig schmale, von der berühmten Golden-Gate-Brücke überspannte Meerenge erreichbar, ist der Hafen von San Francisco einer der größten natürlichen Häfen der Welt.
Schon zur Segelschiffzeit, als die Segler noch den weiten Weg um Kap Horn nehmen mußten, wenn sie von der amerikanischen Ostküste zur Westküste wollten, war San Francisco der führende Hafen der Westküste und das Tor des amerikanischen Westens zum Pazifik. In der Rangfolge der amerikanischen Häfen steht San Francisco heute bei einem jährlichen Güterumschlag von rund 50 Millionen Tonnen an 7. Stelle.
Die Hafenanlagen selbst bestehen aus 45 Piers, von denen die meisten eine Wassertiefe von über 10,5 Metern aufweisen, so daß auch die größten Handelsschiffe voll beladen ohne Schwierigkeiten an ihre Liegeplätze gelangen können. Die Gesamtlänge der mit den modernsten Verlade- und Lagereinrichtungen versehenen Kais beträgt fast 29 Kilometer, die Gesamtfläche der Güterumschlagplätze 81 Hektar. Jeder Pier verfügt zudem über Eisenbahnanschlüsse, breite Anfahrtsrampen für Lastwagen, entsprechende Lagerschuppen sowie über eigene Feuer- und Polizeiwachen.
San Francisco gehört zu den vier amerikanischen Häfen, die sogenannte „Foreign Trade Zones“ besitzen, also einen Freihafen, der als Zollausland gilt und in dem Importgüter für unbestimmte Zeit zollfrei gelagert oder aber auch umgepackt, sortiert, verarbeitet, veredelt oder ausgestellt werden können. Einen wichtigen Teil in diesem Freihafen stellt das von der Hafenverwaltung vor einigen Jahren errichtete „Welthandelszentrum“ dar, ein ultramodernes Gebäude mit einer Ausstellungsfläche von 6900 Quadratmetern und zahlreichen Büros für Importeure und Exporteure, Schifffahrtsgesellschaften, Makler und andere im Handel oder in der Schifffahrt tätige Unternehmen.
Als wichtiger Umschlagplatz für Massengüter wie Weizen, Gerste, Reis und Kopra sowohl als auch für leichtverderbliche Güter und Früchte verfügt der Hafen von San Francisco über zahlreiche moderne Umschlags- und Lagereinrichtungen. Die Getreideumschlagplätze sind sämtlich mit neuzeitlichen Elevatoren ausgestattet, desgleichen die Kopra-Piers, deren pneumatische Saugeinrichtungen bis zu 180 Tonnen Kopra pro Stunde aus den Laderäumen der Schiffe heraussaugen und in die Silos befördern können. Ebenfalls über Saugrohre kann die Kopra dann von hier aus in die im Hafengelände befindlichen Verarbeitungsanlagen transportiert werden. Sowohl wert- als auch volumenmäßig gehört Kopra mit zu den wichtigsten Umschlaggütern des Hafens.
Auch als Bananeneinfuhrplatz nimmt San Francisco unter den amerikanischen Häfen eine führende Stellung ein. Rund 40 000 Bananenstauden werden hier täglich mittels Kränen und eines ausgedehnten Netzes von Förderbändern vom Schiff aus direkt in die längs des Kais stehenden und vorgekühlten Eisenbahnwagen umgeladen.
Der für den Export wohl wichtigste Teil des Hafens ist der sogenannte „Refrigeration Terminal“, wo ständig mit Eisenbahn und Lastwagen ein wahrer Strom von Früchten und Gemüsen aus dem kalifornischen Hinterland angeliefert wird. Mittelpunkt ist hier ein riesiges zweistöckiges Kühlhaus mit 18 000 cbm Lagerraum, in dem die verschiedenen landwirtschaftlichen Exporterzeugnisse sowie leichtverderbliche Lebensmittel den jeweiligen Erfordernissen entsprechend für die Verschiffung eingelagert werden können.
Der gesamte Schienentransport im Hafen wird von der hafeneigenen Belt Railroad auf dem zirka 100 Kilometer langen Netz abgewickelt, wobei täglich im Durchschnitt 325 Eisenbahnwaggons von den 6 Dieselloks umgesetzt werden. Angeschlossen an das Netz der Hafenbahn sind ferner 150 in Hafennähe gelegene Industriebetriebe.
Von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt San Francisco ist auch der moderne Fischereihafen, der heute Stützpunkt einer Flotte vieler großer und kleiner Fischereifahrzeuge ist, die die ertragreichen Küstengewässer befischen und die ihre Fänge hier anlanden. Zahlreiche fischverarbeitende Betriebe, die sich in Hafennähe angesiedelt haben, sorgen dafür, daß die Fische ausgenommen und tiefgekühlt oder, zu Fischkonserven verarbeitet, schnell über Schiene oder Straße in die großen Verbraucherzentren des amerikanischen Westens gebracht werden können.
Wie man sieht, ist San Francisco ein sehr lebhafter und vielseitiger Hafen – eine Tatsache, die auch noch dadurch unterstrichen wird, daß hier rund 200 Schifffahrtsgesellschaften zu Hause oder aber durch Agenten vertreten sind, und daß man vom „Tor zum Pazifik“ aus täglich nach 300 verschiedenen Häfen in aller Welt reisen kann.
Die Verwaltung des Hafens und der zahlreichen Einrichtungen liegt in den Händen der bereits 1863 gegründeten „Port Authority“, einer Hafenverwaltung, die im Gegensatz zu den meisten anderen amerikanischen Häfen nicht unter kommunaler Kontrolle steht, sondern einen selbstständigen Verwaltungskörper darstellt. Die 5 ehrenamtlich tätigen „Harbor Commissioners“, die an der Spitze der Verwaltung stehen, werden vom Gouverneur des Bundesstaates Kalifornien ernannt. Direkt verantwortlich für die verschiedenen Hafenbehörden ist dagegen der vom Hafenvorstand ernannte Hafendirektor, der seinerseits wiederum als Chef der Verwaltung die Spitzen der einzelnen Ämter mit den entsprechenden Fachleuten besetzt.

Dieser Artikel erschien im Amerikadienst „Wirtschaft und Arbeit“ vom 21.10.1960 unter dem Titel "Amerikanische Häfen gestern und heute (III) – San Franzisko – das Tor zum Pazifik". Für weitere Artikel dieser Ausgabe, wie: „Aktuelle lohnpolitische Entwicklungen in den USA“, oder „Gutes Erntejahr brachte Erhöhung der Vorräte“, klicken Sie bitte hier.

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